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Home ›Deutschland- Verwaltungsgericht Braunschweig,12. Oktober 2016, 5 A 332/ 15
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Germany - § 113 (1) WwGO
Germany - § 155 (1) S. 3 VwGO
Germany - § a67 VwGO in conjunction with §§ 708 Nr. 11
711 ZPO
Germany - § 27a AsylVfG
Germany - § 29 (1) Nr. 1 a) AsylG
Germany - § 34a (1) S. 1 AsylG
Germany - § 77 (1) S. 1 AsylG
Germany - § 83b AsylG
Von einer Überstellung nach Italien ist bei einer vulnerablen Person im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO abzusehen.
Der Antragssteller ist somalischer Staatsbürger und reiste am 04.04.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Asylantrag wurde nach einer EURODAC- Abfrage, die einen Treffer für Italien ergab, mit einem Bescheid als unzulässig abgelehnt. Eine Abschiebung nach Italien wurde angeordnet. Gegen die Abschiebeanordnung erhob der Kläger am 29.01.2014 Klage mit der Begründung, dass er durch seine Tuberkulose, hochgradige Pulmonalklappenstenose und Hepatitis B behandlungsbedürftig erkrankt sei.
Die Entscheidung zur Ingebrauchnahme der in Art 3 Abs. 2 S. 2 Dublin II-VO erteilten Befugnis steht grundsätzlich im Ermessen, wobei im hiesigen Fall eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
Aufgrund der Erkrankung gehört der Kläger zum Kreis der vulnerablen Personen, die einer regelmäßigen ärztlichen Überwachung und Therapie bedürfen. Mit der Tarakhel Rechtsprechung konstatierte der Europäiische Gerichtshof für Menschenrechte, dass für die Überstellung nach Italien schutzbedürftige Personen eine Verletzung des Rechts aus Art. 3 EMRK nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn die italienischen Behörden eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach der Betroffene eine Unterkunft erhält und seine elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind. Belege dazu liefern empirische Feststellungen des EGMR zur Lage der Flüchtlinge in Italien, insbesondere zur Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen und deren Unterbringungsbedingungen. Es gebe ein deutliches Missverhältnis zwischen der Anzahl gestellter Asylanträge und der zur Aufnahme zur Verfügung stehenden Plätze.
Dies ließe ernstliche Zweifel an der Kapazität des Systems begründen und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft fänden oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht würden. Jedoch ist unabhängig dessen, ob systematische Mängel im Asylverfahren und/ oder in den Aufnahmebedingungen vorliegen, im vorliegenden Einzelfall schon deshalb von der Überstellung nach Italien abzusehen, weil mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen in Form der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, zu rechnen ist.
Klage stattgegeben.
This case summary was written by Jana Kumstel.
Flüchtlingsrat Baden Württemberg, Bundesverfassungsgericht: Abschiebung besonders schutzbedürftiger Personen nach Italien setzt konkrete Zusicherung bei Erlass der Abschiebung voraus, 03.06.2015, abrufbar unter: http://fluechtlingsrat-bw.de
Germany - VG Hannover, Beschl. V. 21.05.2015- 7 B 1962/ 15- juris
Germany - VG Braunschweig, Urt. v. 16.09.2016- 5 A 344/15- juris
Germany - VG Hannover, Urt. v. 26.03.2015- 10 A 1060/15- juris
Germany - juris; OVG Saarland, Beschl. V. 12.09.2014- 2 A 181/14
OVG Hamburg, Beschl. V. 02.02.2015- 1Bf 208/14.AZ
Germany - OVG NRW, Beschl. V. 18.02.2015- 11 A 2639/14.A
High Administrative Court of Mannheim (VGH Mannheim), Urteil dated 16 April 2014 – A 11 S 1721/13
High Administrative Court of Lüneburg (OVG Lüngeburg), Beschluss dated 6 November 2014 – 13 LA 66/14
High Administrative Court of Baden-Württemberg (VGH Baden-Württemberg), Urteil dated 16.4.2014 –A 11 S 1721/13
High Administrative Court of Magdeburg (OVG Magdeburg), Urteil dated 2 October 2013 – 3 L 643/12
High Administrative Court of North Rhine-Westphalia (OVG NRW), Urteil dated 7.3.2014 – 1 A 21/12.A
Germany - High Administrative Court of Münster (OVG Münster), Urteil dated 7 March 2014 – 1 A 21/12.A