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Home ›Deutschland - Verwaltungsgericht Berlin, 11 September 2016, 33 K 152.15 A
European Union Law > EN - Qualification Directive, Directive 2004/83/EC of 29 April 2004 > Art 13
European Union Law > EN - Dublin II Regulation, Council Regulation (EC) No 343/2003 of 18 February 2003 > Article 3
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European Union Law > EN - Dublin III Regulation, Council Regulation (EC) No. 604/2013 of 26 June 2013 (recast Dublin II Regulation) > Article 3
European Union Law > EN - Recast Qualification Directive, Directive 2011/95/EU of 13 December 2011 > Article 3
European Union Law > EN - Recast Asylum Procedures Directive 2013/32/EU of the European Parliament and of the Council > Article 10
European Union Law > EN - Dublin III Regulation, Council Regulation (EC) No. 604/2013 of 26 June 2013 (recast Dublin II Regulation) > Article 18
European Union Law > EN - Recast Qualification Directive, Directive 2011/95/EU of 13 December 2011 > Article 12
European Union Law > EN - Recast Asylum Procedures Directive 2013/32/EU of the European Parliament and of the Council > Article 33
European Union Law > EN - Recast Asylum Procedures Directive 2013/32/EU of the European Parliament and of the Council > Article 40
European Union Law > EN - Recast Asylum Procedures Directive 2013/32/EU of the European Parliament and of the Council > Article 46
European Union Law > EN - Recast Asylum Procedures Directive 2013/32/EU of the European Parliament and of the Council > Article 51
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 4
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 27a
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 71a
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 60(1)
Germany - Code of Administrative Court Procedure - Art 113(1)(1)
Germany - Code of Administrative Court Procedure - Art 102
Germany - Code of Administrative Court Procedure - Art 6
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 26a
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - §34a
Germany - Code of Administrative Court Procedure - Art 154(1)
Germany - Code of Administrative Court Procedure - Art 167(2)
Germany - AsylvfG (Asylum Procedure Act) - § 78(2)
Germany - Residence Act § 26 (1) S. 2 and 3
Germany - Residence Act § 29(3) S.1
Germany - Residence Act § 25(2) S.1
Ein erneuter Asylantrag ist in einem Zweitland zulässig, wenn sich die Art des beantragten internationalen Schutzes von dem schon gewährten Schutz unterscheidet. Eine Abschiebung in das Land des Erstantrags oder das Herkunftsland kommt in dieser Situation nicht in Betracht.
Der Kläger russischer Staatsangehörigkeit und tschetschenischer Volkszugehörigkeit begehrte Schutz vor politischer Verfolgung in der Russischen Föderation. Er reiste zunächst in die Republik Polen ein und suchte um internationalen Schutz nach. Ihm wurde dort die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft verwehrt, aber der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Er reiste danach in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 9. November 2009 einen Asylantrag. Das Bundesamt stellte hierauf gegenüber dem Kläger fest, dass sein Asylantrag wegen der Zuständigkeit Polens zur Behandlung des Asylantrages unzulässig sei und ordnete seine Abschiebung nach Polen an. Der Kläger wendet sich gegen seine Abschiebung in die Republik Polen und legte Berufung gegen eine Entscheidung des Bundesamtes ein.
Die Klage ist zulässig und begründet. Sie konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben und die Sache hinreichend erörtert wurde (§ 102 VwGO).
- Die Verpflichtungsklage auf erneute Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ist zulässig und begründet.
Das Bundesamt ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Asylantrag insgesamt unzulässig ist.
Nach Ansicht der Kammer ist dabei aber nach der Art des gewährten internationalen Schutzes zu differenzieren. Aus der beigezogenen Akte der Beklagten ergibt sich, dass dem Kläger in der Republik Polen (lediglich) die subsidiäre Schutzberechtigung (Art. 13-14 Qualifikations-RL: im deutschen Recht: § 4 AsylVfG) und nicht die Flüchtlingseigenschaft (Art. 15-17 Qualifikations-RL; im deutschen Recht: § 3 AsylVfG) zuerkannt wurde. Damit aber ist über das als Zweitantrag zu behandelnde Begehren des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch nicht (erneut) entschieden.
So gewährleistet Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention und der unionsrechtlichen Verträge.
Nach dem so inkorporierten Art. 78 Abs.1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen (AEUV) soll in der Europäischen Union gewährleistet sein, dass jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten wird.
Aus der Asylverfahrens-RL 2013 und der Qualifikations-RL 2011 ergibt sich dabei, dass der Schutzsuchende auch dann noch einen unionsrechtlichen Anspruch auf Prüfung seines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat, wenn ihm bereits subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, und zwar auch dann, wenn es sich um einen weiteren Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft handelt.
So ergibt sich zunächst aus Art. 10 Abs. 2 Asylverfahrens-RL 2013 ein zweistufiges System zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz. Bei einer solchen Prüfung hat die Asylbehörde zunächst festzustellen, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling erfüllt; ist dies nicht der Fall, wird festgestellt, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat.
Ein Rechtsbehelf wird nur dann im Hinblick auf die Flüchtlingseigenschaft als unzulässig betrachtet,
wenn der zugesprochene subsidiäre Schutz in dem jeweiligen Mitgliedstaat der betreffenden Person die gleichen Rechte und Vorteile einräumt wie der Flüchtlingsstatus (Art. 46 Abs. 2 Asylverfahrens- RL 2013). Nach Art. 46 Abs. 2 Asylverfahrens-RL hat der Flüchtling also ein Recht darauf, dass über seinen Antrag auf Flüchtlingszuerkennung auch dann durch einen der Mitgliedstaaten entschieden wird, wenn er bereits als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt ist.
Eine Ausnahme von der mitgliedsstaatlichen Pflicht, einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, da der Schutzsuchende bereits subsidiären Schutz erhalten hat, ist aus der Qualifikationsrichtlinie 2011 nicht ersichtlich (siehe insbesondere Art. 12 Abs. 1 Qualifikations-RL 2011).
- Das Anfechtungsbegehren hat ebenfalls Erfolg.
Die obenstehende Feststellung des Bescheides des Bundesamtes vom 17. April 2015, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig sei, ist nach den obigen Ausführungen rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Denn unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Dublin-II-VO bzw. Dublin-III-VO generell subjektive Rechte der Asylbewerber begründet, erwächst aus Art. 3, Art. 16 Dublin-II-VO bzw. Art. 3 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO zumindest ein subjektives Recht des jeweiligen Antragstellers auf Entscheidung (irgend-) eines Mitgliedstaats über seinen Antrag (VG Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2014 – 33 K 155.14 A –, juris, Rn. 24; siehe in diesem Zusammenhang auch VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – VG 33 L 90.14 A –, juris).
Damit kommt eine Abschiebung in die Republik Polen auf der Grundlage des § 34a i.V.m. § 26a AsylVfG nicht in Betracht. Eine Abschiebung des Klägers auf der Grundlage von § 34a i.V.m. § 27a AsylVfG ist ohnehin aufgrund des Zuständigkeitsübergangs ausgeschlossen.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. April 2015 verpflichtet, über den Asylantrag des Klägers vom 9. November 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Berufung stattgegeben.
VG Berlin · Urteil vom 4. März 2016 · Az. 23 K 323.14 A.
This case summary was written by Wendy Brandt, a BPTC student at BPP University.
This case summary was proof read by Christian J. Freuling, a GDL student at BPP University.
Germany - Administrative Court Berlin, decision from 19. March 2014 – VG 33 L 90.14 A
Germany - Administrative Court Berlin, decision from 31 October 2014 – 33K 155.14 A