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Home ›Deutschland - Bundesverwaltungsgericht, 24. September 2009, 10 C 25.08
European Union Law > EN - Qualification Directive, Directive 2004/83/EC of 29 April 2004 > Art 5 > Art 5.2


Wird ein Asylfolgeantrag auf neue selbst geschaffene Gründe gestützt, ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Regel ausgeschlossen, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt des Abschlusses eines vorhergehenden Asylverfahrens in der Lage war, sich eine eigene politische Überzeugung zu bilden. Davon ist mit Vollendung des 16. Lebensjahrs, spätestens jedoch im Alter von 18 Jahren auszugehen.
Der Antragsteller reiste 1999 im Alter von 15 Jahren mit seiner Familie nach Deutschland ein. Nach rechtskräftiger Ablehnung des ersten Asylantrags stellte er im Jahr 2000 einen erneuten Asylantrag, den er mit der Mitgliedschaft in der „Konstitutionalistischen Partei Irans“ und der „Organisation zum Schutz der Rechte iranischer Christen“ begründete und der ebenfalls abgelehnt wurde.
Einen weiteren Asylantrag stützte der Antragsteller auf die Mitwirkung in einem regimekritischen Theaterstück, das über das Fernsehen auch im Iran zu sehen war. Auch dieser Antrag wurde von den Behörden abgelehnt, aber das Verwaltungsgericht Regensburg verpflichtete die Behörden im Dezember 2005, den Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen.
Die Behörden wandten sich gegen diese Entscheidung mit der Berufung. Der Verwaltungsgerichtshof Bayern wies die Berufung zurück. Zwar habe der Antragsteller die Gründe, aus denen er Verfolgung befürchtet, erst nach Ablehnung seines ersten Asylverfahrens selbst herbeigeführt, weshalb nach deutschem Recht die Anerkennung als Flüchtling im Regelfall ausgeschlossen sei. Es liege aber ein Ausnahmefall vor, da sich der Antragsteller aufgrund seines Alters zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens noch keine gefestigte eigene Meinung habe bilden können.
Gegen diesen Teil der Entscheidung wandte sich die Revision der Behörden. Diese argumentierten u.a., dass der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Ausnahme von der Ausschlussregel der „selbstgeschaffenen Nachfluchtgründe“ angenommen habe, da der Antragsteller zum Zeitpunkt seines zweiten Antrags volljährig gewesen sei.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und der Fall wird zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Über Gründe, die nach Abschluss eines Asylverfahrens von Antragstellern selbst geschaffen werden, können die Mitgliedstaaten laut Art. 5.3 der Qualifikationsrichtlinie eigene Regelungen treffen. In Deutschland wurde dies so geregelt, dass die Flüchtlingseigenschaft in der Regel nicht aus Gründen zuerkannt werden darf, die nach rechtskräftiger Ablehnung oder Rücknahme eines früheren Asylantrags selbst geschaffen wurden. Der Gesetzgeber hat diese Tatbestände damit unter Missbrauchsverdacht gestellt, d.h. dass sie in der Regel nur mit dem Ziel geschaffen werden, einen Folgeantrag zu begründen. Daher hat nicht der Staat zu beweisen, dass die Nachfluchtgründe missbräuchlich geschaffen wurden, sondern der Antragsteller hat zu beweisen, dass dies nicht so ist.
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung selbst geschaffener Nachfluchtgründe ist nicht der Zeitpunkt der Ausreise aus dem Herkunftsland, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses eines vorhergehenden Asylverfahrens. Bei mehreren Vorverfahren ist das zuletzt abgeschlossene Verfahren maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller jedoch bereits 18 Jahre alt und damit in der Lage, sich eine eigene Überzeugung zu bilden. Davon kann in der Regel im Alter von 16 Jahren, spätestens jedoch im Alter von 18 Jahren ausgegangen werden.
Da das Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob aus anderen Gründen ein Ausnahmefall vorliegt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die politischen Aktivitäten während des vorangegangenen Folgeverfahrens sind dafür zwar ein Indiz, jedoch muss der Antragsteller erklären, weshalb er diese Aktivitäten nach Abschluss des Vorverfahrens intensiviert hat.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Bayern zurückverwiesen.
Unbekannt. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, weshalb ihm nicht mehr die Abschiebung in den Iran droht.