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Home ›Österreich - Asylgerichtshof, 29 November 2013, B1 431721-1/2013
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Austria - Bundesgesetz über den Asylgerichtshof 2008 (Federal law for the Asylum Court;
Austria - Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991
Austria - Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008


Ein Antrag eines illegal nach Österreich eingereisten Afghanen auf internationalen Schutz wurde abgewiesen, da ihm nach Ansicht des Gerichtshofes in seinem Herkunftsstaat weder Verfolgung drohte noch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war. Die Ausweisung war geboten und verhältnismäßig.
Der Antragsteller stellte am 09.07.2012, nach illegaler Einreise nach Österreich, einen Antrag auf internationalen Schutz. Seine Ehefrau und seine sieben Kinder hielten sich währenddessen in Pakistan auf. Der Antragsteller hatte eine leitende Position im afghanischen Landwirtschaftsministerium. Er brachte vor, er würde in Afghanistan von Taliban bedroht werden, da er für den Staat mit Ausländern gearbeitet habe. Ebenso würde ihn die Grundstücksmafia bedrohen, da er die Aufgabe gehabt habe gegen korrupte Beamte vorzugehen und diese bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan bestünde für ihn die Gefahr von der Mafia oder den Taliban getötet zu werden.
Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab und bestimmte die Ausweisung. Der Antragsteller erklärte zuerst freiwillig in den Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen, widerrief diese Absicht jedoch später.
Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller am 27.12.2012 Beschwerde, trat jedoch weder der Beweiswürdigung entgegen noch behauptete er Mängel der Beurteilung des Refoulmentanspruches oder der Zulässigkeit der Ausweisung.
Der Asylgerichtshof wies die Beschwerde nach Durchführung eines Aktenverfahrens ab.
Der Asylgerichtshof prüfte in diesem Fall die Voraussetzungen des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf das Kriterium der Verfolgung sowie den möglichen Status als subsidiär Schutzberechtigten.
Der Asylgerichtshof stellte fest, dass dem Antragsteller der Status eines Asylberechtigten aufgrund der fehlenden wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat gem Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention nicht zuzuerkennen sei. Hierzu führte der Asylgerichtshof aus, dass der zentrale Aspekt der wohlbegründeten Furch vor Verfolgung nicht gegeben sei. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, müsse die Furcht im Lichte der speziellen Situation und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar sein. Hierbei sei nach Ansicht des Asylgerichtshofes auf eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation abzustellen, nicht auf die tatsächliche Furcht der betroffenen Einzelperson. Die Verfolgungsgefahr sei dann anzunehmen, wenn die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohe und diese geeignet sei, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen.
Aus Sicht des Asylgerichtshofes ergäbe sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. Dieser habe bei der sicherheitsbehördlichen Erstbefragung andere Verfolgungsgründe angegeben als gegenüber dem Bundesasylamt. Es folge auch der Ansicht des Bundesasylamtes, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Antragsteller als Staatsbediensteter keinen Schutz bei den vorgesetzten Stellen gesucht habe. Ebenso wenig sei es plausibel, dass der Antragsteller über viele Jahre hinweg während seiner Tätigkeit keine Drohungen und Übergriffen ausgesetzt war, dies jedoch plötzlich anders sei. Es wäre darüber hinaus, nach Aussage des Antragstellers, zu keinen gegen ihn oder gegen seine Familienangehörigen gerichteten Angriffen gekommen.
Auch eine Verfolgung aufgrund eines wirtschaftlichen Nachteils iSd Genfer Flüchtlingskonvention, durch massive Bedrohung der Lebensgrundlage im Kausalzusammenhang mit den Gründen der Flüchtlingskonvention verneinte der Asylgerichtshof.
Hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten führt der Asylgerichtshof aus, dass ein solcher nur zuzuerkennen sei, wenn die Ausweisung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts gegeben wäre. Für eine reale Gefahr müssen stichhaltige Gründe und konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Auch wäre die Beurteilung einer realen Gefahr aufgrund einer ganzheitlichen Bewertung an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen gem Art 3 EMRK gültigen Maßstab durchzuführen, wobei sich die Gefahrenprognose auf die Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat.
Nach Ansicht des Asylgerichtshofes könne es für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan nicht ausreichen, eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu behaupten, ebenso hätten individuelle Umstände in Bezug auf eine reale Gefahr der Verletzung von Art 3 EMRK als wahrscheinlich dargestellt werden müssen.
Insbesondere betonte der Asylgerichtshof , dass auch ein öffentliches Interesse dahingehend bestünde, dass eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bloß aufgrund ihrer Antragstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll. Es sei daher stets eine Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse vorzunehmen. Das Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle sei nach Ansicht des Asylgerichtshofes jedenfalls höher als das Privatleben des Asylwerbers. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass ein Asylwerber im Aufnahmestaat eventuell ein Studium betreibt, sozial integriert ist und sein Aufenthalt schon 10 Jahre dauere.
In einem Zug mit der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bestimmte der Asylgerichtshof die Ausweisung des Antragstellers. Von einer solchen könne nur abgesehen werden, wenn ein weiteres Aufenthaltsrecht in Betracht komme oder eine Verletzung von Art. 8 EMRK zu befürchten sei. Dies sei bei dem Antragsteller nicht der Fall, da er keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich hatte, sich erst kurz in Österreich aufhielt, keine erlaubte Beschäftigung ausführte und keinerlei Kenntnisse der deutschen Sprache behauptete.
Da im Ergebnis im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und die den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen die privaten Interessen des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet überwiege, sei die Ausweisung dringend geboten und nicht unverhältnismäßig.
Die Entscheidung des Asylgerichtshofes erging im schriftlichen Verfahren, da der Sachverhalt geklärt erschien und sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergab, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entsprach. Es gab kein neues bzw. ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich sonstiger Fluchtgründe des Antragstellers. Auch trat der Antragsteller den beweisführenden Ausführungen des Bundesasylamtes nicht entgegen. Ebenso wurden in der Beschwerde keinerlei Mängel hinsichtlich der Feststellungen des angefochtenen Bescheides über Zulässigkeit von Refoulement und Ausweisung geltend gemacht.
Die Beschwerde wurde abgewiesen. Die Entscheidung des Bundesasylamtes wurde bekräftigt, und die Ausweisung als zulässig festgestellt.
Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007
Premiszl, Schutz vor Abschiebung und Traumatisierten in "Dublin-Verfahren" migraLex 2/2008
Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung. Das Europäische Asylzuständigkeitssystem. Berliner Wissenschafts-Verlag, Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Berlin, Wien, Graz 2010
Austria - Asylum Court 11 November 2010, C2 315601-1/2008/11E
Austria - VwGH, 18 Februar 1999, 98/20/0468
ECtHR - Mamatkulov Askarov v Turkey, Applications nos. 46827/99 and 46951/99
VwGH 21 Dezember 2000, 2000/01/0131
VwGH 22 Dezember 1999, 99/01/0334
VwGH, 19 Oktober 2000, Zl. 98/20/0233
VwGH 24 März 1999, 98/01/0352
Austria - VwGH, 25 Januar 2003, 2001/20/0011
Austria - VwGH, 26 Februar 1997, 95/01/0454
Austria - VwGH, 9 April 1997, 95/01/0555
Austria - VwGH, 18 April 1996, 95/20/0239
Austria - VwGH, 9 März 1999, 98/01/0318
Austria - VwGH, 9 September 1993, 93/01/0284
Austrian - VwGH, 26 Juni 2007, 2007/01/0479
Austria - VwGH, 16 Juni 1994, 94/19/0183
ECtHR - Bosphorus Hava Yollari Turizm ve Ticaret Anonim Sirketi (Bosphorus Airways) v. Ireland [GC], Application No. 45036/98
Austria - Asylum Court, 23 February 2010, C10 410133-1/2009/2E
ECtHR - Said v Netherlands, Application No. 2345/02
Austria - Administrative Court, 23 January 2003, 2002/20/0533
Austria - Administrative Court, 02 March 2006, 2003/20/0317
Austria - Administrative Court, 22 December 2009, 2009/21/0348
Austria - Administrative Court (VwGH), 31 March 2005, 2002/20/0582
Austria - Administrative Court (VwGH) 19 February 2004, 99/20/0573
Austria - Constitutional Court, 6 March 2008, B 2400/07
ECtHR - Ndangoya v Sweden, Application No.17868/03
ECtHR - Hukic v Sweden, Application No 17416/05 - Resource
Austria - Asylum Court, 26 January 2010, C10 409335-1/2009/3E