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Home ›Österreich – LVwG Steiermark, 09. September 2016, LVwG 20.3-912/2016
Austria - s. 7
9
28 para 6 and 35 Code on Administrative Procedure
Austria - s. 1 Compensation of Expenditure Order
Austria - s. 41 Aliens’ Police Act 2005 (FPG) in the form of Austrian Civil Code l. I No 70/2015
Austria - s. 12 Asylum Law in the form of Austrian Civil Code l. II No 202/2015
Austria - s. 88 Federal Security Police Act
Austria - s. 25a Higher Administrative Court Act
Austria - s. 10 para 1 Guidelines Order
Am Grenzübergang kann eine Zurückweisung von Asylsuchenden nicht ohne die Möglichkeit, Gründe für internationalen Schutz darzulegen, sowie eine genaue Angabe der Gründe für eine Einreiseverweigerung im Einreiseformular erfolgen. Eine Beurteilung der vorgebrachten Asylgründe darf nicht alleine von der Beurteilung eines Dolmetschers abhängig gemacht werden, sondern muss durch die zuständigen Behörden bzw. Gerichte erfolgen.
Die Angaben des Beschwerdeführers syrischer Staatsangehörigkeit und des Beschwerdegegners zu den Fakten sind widersprüchlich.
Daher geht das Gericht auf Grund der Aussagen der Parteien während der Verhandlung von folgendem Sachverhalt aus:
Über die Balkanroute war der Beschwerdeführer von Syrien aus nach Slowenien gelangt. Beim Einreiseversuch am österreichischen Grenzübergang Spielfeld wies sich der Beschwerdeführer an der Befragungsstelle mit dem Reisepass aus. Er gab an, nach Schweden weiterreisen und dort Asyl suchen zu wollen, wurde aber durch einen Dolmetscher unterrichtet, dass keine Durchreise nach Schweden möglich sei. Anstelle dessen wäre ein Asylantrag in Deutschland oder Österreich möglich. Darauf gab der Beschwerdeführer zu verstehen, einen Asylantrag in Österreich stellen zu wollen. Ein Dokument, dass er vorweisen wollte, um die Zerstörung seiner Wohnung in Syrien nachzuweisen, wurde hingegen seiner Ausführungen vor Gericht nicht von den Grenzkontrollbeamten angenommen und zerrissen. Im Einreiseformular wurde handschriftlich vermerkt: „kein Krieg im Dorf. Im Heimatdorf gibt es Probleme mit der Polizei. Widersprüchliche Angaben“. Das Reisedokument wurde ihm ohne Einreisestempel zurückgegeben. Der Beschwerdeführer wurde nach Slowenien zurückgewiesen, wo er um Asyl ansuchte.
Zunächst bemängelt das Gericht in der Entscheidung den fehlenden Vermerk im Einreiseformular zur Identität des Dolmetschers in Anbetracht der Dokumentationspflicht im Sinne des §10 Abs 1 Richtlinienverordnung.
1. Die Zurückweisung des Beschwerdeführers am Grenzübergang war rechtswidrig. Zwar äußerte dieser die Absicht in Österreich um Asyl anzusuchen. Im Zuge der Befragung wurde ihm jedoch die Möglichkeit verweigert, im Sinne des §41 Abs 3 FPG Gründe für internationalen Schutz in Österreich darzulegen. Aufgrund der präjudiziellen Beurteilung von Seiten des Dolmetschers bzw. dem Grenzkontrollorgan konnte der Beschwerdeführer keinen Asylantrag stellen. Dazu sind zwar, wie in diesem Falle, bei der Befragung zur Zulässigkeit der Einreise gemäß § 41 Abs 3 FPG Dolmetscher von privaten Firmen zulässig. Diese sind aber in die Grundlagen ihrer Arbeit ebenso wie die Beamten in die Arbeit mit Dolmetschern einzuweisen. Außerdem gibt Art. 13 Abs 2 des Schengener Grenzkodex die genaue Angabe der Gründe für eine Einreiseverweigerung vor. Die vom Grenzkontrollorgan vor Gericht als Grund vorgegebene Weiterreise nach Schweden wurde jedoch nicht im Einreiseformular erwähnt. Im Weiteren muss eine Beurteilung der vorgebrachten Asylgründe nicht alleine von der Beurteilung eines Dolmetschers abhängig gemacht werden, sondern durch die zuständigen Behörden bzw. Gerichte erfolgen. Gemäß §12 Abs 1 AsylG kommt dem Beschwerdeführer ein faktischer Abschiebeschutz zu.
2. Der Antrag die Vernichtung der Dokumente des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als rechtswidrig festzustellen ist abzuweisen. Wie sich aus dem Verfahren ergibt, wurde kein Dokument übergeben.
1. Die Zurückweisung des Beschwerdeführers durch Organe der Landespolizeidirektion Steiermark war rechtswidrig.
2. Die Beschwerde, dass im Rahmen der Grenzkontrolle Dokumente des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vernichtet wurden, wird abgewiesen.
Die Entscheidung betrifft einen von zwölf ähnlichen Beschwerdefällen, (LVwG 20.3-918/2016 and 21.3-919/2016; LVwG 20.3-873/2016 and LVwG 21.3-874/2016) in denen Zurückweisungen von Asylbewerbern als rechtswidrig erkannt worden sind. Petra Leschanz von der Initiative Border Crossing Spielfeld hebt besonders die „fehlerhafte Grundkonzeption des Grenzmanagements“ hervor. Sie zweifelt ob ungeschulten Beamten die Entscheidungstreffung in „asylrechtlichen Belangen“ in Anbetracht des möglichen Inkrafttreten der Asyl-Notverordnung noch zugemutet werden kann. (Ganzer Kommentar in Deutsch unter: http://steiermark.orf.at/news/stories/2795696/ )
This case summary was written by Christian Freuling, Graduate Diploma in Law student at BPP Law School.
Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)