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Angesichts der seit dem 10. Juni 2014 eingetretenen veränderten Sicherheitslage droht Angehörigen der jesidischen Glaubensgemeinschaft in der Provinz Ninive (Mosul) eine allein an ihren Glauben anknüpfende Verfolgung, vor der sie weder effektiven Schutz von Seiten des irakischen Staats noch seitens schutzbereiter Organisationen erhalten können und vor der sie auf absehbare Zeit auch in anderen Gebieten des irakischen Staatsgebiets keinen ausreichenden internen Schutz erlangen.
1. Die konkrete Gefahr unmenschlicher Behandlung bzw. Bestrafung durch die Taliban wegen Desertion aus einem ihrer Ausbildungslager nach Zwangsrekrutierung kann ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG (Art. 15 lit. b QRL) hinsichtlich Afghanistans begründen.
2. Gezielte kriminelle Gewalt wird von Art. 15 lit. b QRL (§ 60 Abs. 2 AufenthG) umfasst, nicht dagegen von Art. 15 lit. c QRL (§ 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG), weil insoweit keine spezifische Gefahr eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts, d.h. keine "willkürliche Gewalt" vorliegt.
Infolge von sechs Verurteilungen wegen minderschwerer Eigentumsdelikte wurde dem Antragssteller der subsidiäre Schutz aberkannt, da er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen würde. Der Verfassungsgerichtshof hob diese Entscheidung als verfassungswidrig auf: Der Asylgerichtshof habe die entsprechende nationale Bestimmung nicht richtlinienkonform interpretiert, da die begangenen Delikte nicht von der von Art 17 Qualifikationsrichtlinie geforderten Schwere seien.
Für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt nach § 60 (7) (2) Aufenthaltsgesetz/Art. 15 (c) Qualifikationsrichtlinie bedarf es nicht nur der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos. Erforderlich ist eine wertende Gesamtbetrachtung, die auch die medizinische Versorgungslage würdigt. Diese Frage ist für die vorliegende Entscheidung aber nicht erheblich, da für den Kläger nur ein geringes Risiko eines Schadens besteht.
Dem Antragsteller ist subsidiärer Schutz zu gewähren, da in der Provinz Logar ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht. Interner Schutz in Kabul besteht nicht, da es dem Antragsteller nicht möglich wäre, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Um seine Existenz zu sichern, wäre es ihm nicht möglich, auf Grundbesitz zurückzugreifen, den seine Familie in der Provinz Logar besessen hat.
Ob die derzeitige Situation im Irak landesweit oder auch nur regional als bewaffneter Konflikt im Sinne von § 60 (7) (2) des Aufenthaltsgesetzes/Art. 15 (c) der Qualifikationsrichtlinie bezeichnet werden muss, kann offen bleiben. Selbst bei Annahme eines solchen Konflikts ist subsidiärer Schutz nur dann zu gewähren, wenn der Antragsteller einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben "im Rahmen" dieses Konflikts ausgesetzt ist. Dies lässt sich im Fall der Antragstellerin nicht feststellen.
Der Antragsteller ist als alleinstehender, arbeitsfähiger junger Mann weder in seiner Heimatprovinz Parwan noch in Kabul von einer erheblichen individuellen Gefahr bedroht. Daher muss die Frage nicht geklärt werden, ob der Konflikt in Afghanistan oder in Teilen Afghanistans als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren ist.
Selbst unter Annahme eines innerstaatlichen oder internationalen Konflikts kann nur dann von einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgegangen werden, wenn der den Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, dass jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist.
Zu den Maßstäben für die Beurteilung einer erheblichen individuellen Gefahr und des erforderlichen Niveaus willkürlicher Gewalt in einem innerstaatlichen Konflikt. Damit Art. 4 (4) Qualifikationsrichtlinie Anwendung findet, muss ein innerer Zusammenhang zwischen dem drohenden Schaden, der in der Vergangenheit eingetreten ist oder gedroht hat, und dem zukünftigen drohenden Schaden bestehen.
Drohungen durch Terroristen gegen eine Person, die für die internationalen Truppen im Irak arbeitete, rechtfertigen nicht den Flüchtlingsstatus. Irakische Staatsbürger, die mit den Besatzungstruppen kooperieren bilden keine "soziale Gruppe" im Sinne der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings ist subsidiärer Schutz zu gewähren, da in der Region Ninive ein bewaffneter Konflikt herrscht und durch die in der Vergangenheit erfahrenen Drohungen individuelle gefahrerhöhende Umstände vorliegen.
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- Subsidiärer Schutz 16
- Ernsthafter Schaden 14
- Innerstaatlicher bewaffneter Konflikt 14
- Individuelle Bedrohung 12
- Interner Schutz 6
- Tatsächliche Gefahr 6
- Aberkennung des internationalen Schutzes 5
- Bewaffneter Konflikt 4
- Folgeantrag 3
- Frühere Verfolgung 3
- Nicht-staatliche Akteure, von denen eine Verfolgung ausgeht 3
- Prüfung der Tatsachen und Umstände 3
- Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe 3
- Beweismaßstab 2
- Individuelle Prüfung 2
- Persönliche Umstände der antragstellenden Person 2
- Verfolgungsgründe 2
- Wegfall der Umstände 2
- Akteure, von denen eine Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden ausgehen 1
- Ausschluss vom internationalen Schutz 1
- Flüchtlingsstatus 1
- Folter 1
- Geschlechtsspezifische Verfolgung 1
- Humanitäre Erwägungen 1
- Kinderspezifische Erwägungen 1
- Politische Überzeugung 1
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- Unbegleitete minderjährige Person 1
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